Hartz IV: Entstehungsgeschichte und Auswirkungen bis heute

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Januar 2002 wurde das Kanzleramt über geschönte Vermittlungsstatistiken der Arbeitsämter informiert. Diese Information stieß zunächst nicht auf erkennbares Interesse. Am 30.01.2002 wurde dann durch den BA-Vorstand als erste Konsequenz ein „Sofortprogramm“ beschlossen. Dieses wurde damals als Teilentmachtung von BA-Präsident Bernhard Jagoda gewertet.

Daraufhin wurde am 22. Februar 2002 durch die Bundesregierung unter Gerhard Schröder eine Kommission mit dem Namen „Kommission für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ eingesetzt – kurz Hartz-Kommission genannt.  Peter Hartz leitete diese Kommission und legte im August 2002 ihren Bericht vor, in dem Vorschläge zur effizienten Arbeitsmarktpolitik vorgelegt und die staatliche Arbeitsvermittlung reformiert werden sollten. Ziel war es, innerhalb von vier Jahren die Arbeitslosenzahl von damals offiziell vier Millionen (real mehr als 8 Mill.) zu halbieren. Dieses Ziel wurde nicht annähernd erreicht, trotzdem wird immer noch auf die Arbeitslosen mit dieser Keule, die damals von Schröder übernommen wurde, „eingeprügelt“.

Mitglieder dieser Kommission waren:

Dr. Peter Hartz, ehemaliges Mitglied des Vorstandes der Volkswagen AG

Norbert Bensel, Mitglied des Vorstandes der DaimlerChrysler Services AG und der Deutschen Bahn AG (seit 2009 Partner der TransCare AG)
Dr. Jobst Fiedler, Roland Berger Strategy Consultants (seit 2005 Hertie School of Governance)
Peter Gasse, Bezirksleiter der IG Metall Nordrhein-Westfalen (im Sommer 2004 zum Arbeitsdirektor der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann berufen)
Dr. Peter Kraljic, Direktor der McKinsey & Company Düsseldorf (Im Bereich der Politikberatung ist McKinsey auch mehr oder weniger direkt tätig, so z. B. in der von der CDU im Jahr 2003 einberufenen Herzog-Kommission zur Ausarbeitung des künftigen Sozialkonzeptes der Partei.)
Klaus Luft, Geschäftsführer der Market Access for Technology Services GmbH (hatte 3 Jahre zuvor Nixdorf an die Wand gefahren)
Wilhelm Schickler, Präsident des Landesarbeitsamtes Hessen (seit 2005 Leiter der Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg im Rathaus Potsdam)                     Prof. Dr. Günther Schmid, damals Wissenschaftszentrum für Sozialforschung (seit 2004 Fellow des  Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit und weitere)
Wolfgang Tiefensee, damals Oberbürgermeister der Stadt Leipzig (2005 bis 2009 Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer im Kabinett Merkel)
Eggert Voscherau, damals Mitglied des Vorstandes der BASF AG (Am 30. April 2009 wurde er zum Aufsichtsratsvorsitzenden der BASF Aktiengesellschaft gewählt)
Heinz Fischer, damals Abteilungsleiter Personal Deutsche Bank AG (Professor Dr. Heinz Fischer, Honorarprofessor für Personalmanagement, FH Pforzheim)   Prof. Dr. Werner Jann, Universität Potsdam (seit 2005 Wissenschaftlicher Beirat der Bundesakademie für Öffentliche Verwaltung)
Harald Schartau, im November 2002 zum Minister für Arbeit und Soziales in NRW berufen, Qualifikation und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen (Bei der Landtagswahl 2005 wurde er direkt in den Landtag gewählt)
Hanns-Eberhard Schleyer, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (Seit 2005 gehörte Hanns-Eberhard Schleyer dem Kreis der „IZA Policy Fellows“ als Gründungsmitglied an)

Isolde Kunkel-Weber, Mitglied des ver.di-Bundesvorstandes, (im Oktober 2003 wurde Isolde Kunkel-Weber erneut in den Bundesvorstand gewählt. Mit der Konstituierung des Bundesvorstands wurde sie zur Leiterin des Personalressorts berufen)

also namhafte Mitglieder der Wirtschaft, der Banken, Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften, die danach gut dotierte Posten erhielten. Die wichtigste Sofortmaßnahme war die Umwandlung der BA für Arbeit von einer öffentlichen Behörde in eine Dienstleistungsorganisation mit privatwirtschaftlichen Führungsstrukturen. Gleichzeitig wurde der Verwaltungsrat in einen Aufsichtsrat (Teilprivatisierung, z. B. Callcenter, private Arbeitsvermittler, Ausgliederung einiger Abteilungen) umgewandelt und ein freier Marktzugang für Vermittler sowie Vermittlungsgutscheine für arbeitslose Leistungsbezieher eingeführt.

Peter Hartz

Er war Manager bei VW und wollte nur „das Beste“ für die Belegschaft. Im Oktober 2005 wurde von der Staatsanwaltschaft Braunschweig ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue in 44 Fällen gegen ihn eingeleitet. Erst ein Jahr später soll Peter Hartz gegenüber der Braunschweiger Oberstaatsanwältin Hildegard Wolff zugegeben haben, dass er zehn Jahre lang den einstigen Betriebsratsvorsitzenden Klaus Volkert „begünstigt“ hat.

Zwischen 1995 und 2005 soll Volkert Jahr für Jahr einen „Sonderbonus“ von insgesamt zwei Millionen Euro (also 200.000 ¥ im Jahr!) bekommen haben. Der brasilianischen Geliebten Volkerts, Adriana Barros, verschaffte Hartz ein Zusatzeinkommen von monatlich 7.600 Euro pro Monat (insgesamt 399.000 Euro). Hartz drohte damals eine Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren.

 Am 17. Januar 2007 gestand Hartz nicht persönlich sondern durch Vortrag seines Anwalts in der zweitägigen Verhandlung alle 44 Anklagepunkte. Der Gesamtschaden dieser Schmiergeld-Affäre betrug 2,6 Millionen Euro. Hartz wurde am 25. Januar 2007 wegen Untreue und Begünstigung des Betriebsratschefs zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, die auf Bewährung ausgesetzt wurde, und einer Geldstrafe von insgesamt 576.000 Euro.

Peter Hartz ist seines Amtes enthoben worden. Woher wird eigentlich die Rechtfertigung genommen, diese nach einem mittlerweile Vorbestraften benannten Gesetze auf immer menschenverachtendere Weise zu installieren? Von Schröder wurden diese Gesetze eins zu eins – wie damals versprochen – übernommen. Hartz selbst ist wegen seiner Schmiergeld-Affäre glimpflich davongekommen. Aber die Arbeitslosen und die von Arbeitslosigkeit bedrohten empfinden seine „Arbeitsmarktreformen“ bis heute als offenen Strafvollzug!

Hartz I – III

Neben den bisherigen Dienstleistungen der BA wurden die Jobcenter, die ihren Namen  nach dem englischen Vorbild bekommen haben, unter anderem auch als Schnittstelle zu Personal-Service-Agenturen (PSA), die bekanntlich unter Schröder „reformiert“ wurden, übernommen. Die damaligen Arbeitsvermittler hießen plötzlich „Fallmanager“.

Mit den Personal-Service-Agenturen (PSA) sollte erreicht werden, dass Arbeitslose schnell wieder durch Arbeitnehmerüberlassung in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Die Liberalisierung der Leiharbeit zum 1.1.2003 durch die Aufhebung der gesetzlichen Beschränkungen des Arbeitsnehmerüberlassungsgesetzes und ihre tarifpolitischen Folgen wurde indirekt die „Zwangsarbeit“ eingeführt, weil arbeitslose Menschen keine Möglichkeit haben, sich gegen die Zuteilung solcher Arbeitsplätze durch die Jobcenter zu wehren. Der Arbeitslose ist durch die Zumutbarkeitsregel dazu verpflichtet, jeden Job anzunehmen. Ablehnung ist mit Leistungskürzung verbunden.

Die Hartz-Kommission arbeitete nur den imperialistischen Zweck heraus: soll mehr Arbeit zur Verfügung stehen, müssen die Ausbeutungsbedingungen grundlegend verbessert werden. Unverhohlen gab Hartz damals zu Protokoll, dass seine Kommission an der Einrichtung einer modernen Form staatlich organisierter Zwangsarbeit arbeitete. Es galt also, einen Arbeitsdienst zu organisieren, in dem Rentabilität der Arbeit oberstes Gebot war und gleichzeitig der Staat das leidige Problem mit dem Lohn in Form von Aufstocken der Löhne erledigt.

 Was aber ist mittlerweile aus dem so genannten „Gleichstellungsgrundsatz“ geworden? Dieser besagt, dass Leiharbeiter zu denselben Bedingungen beschäftigt werden müssen, wie die Stammbelegschaft (gleiche Arbeitszeit, gleiches Arbeitsentgeld, gleiche Urlaubsansprüche). Schnell wurde dieser umgangen, z. B. durch Tarifverträge des Arbeitgeberverbands Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) mit Tarifgemeinschaften der Christlichen Gewerkschaften Zeitarbeit (denen mittlerweile das Recht abgesprochen wurde, Tarifverträge abschließen), PSA und der DGB-Gewerkschaft mit dem Bundesverband Zeitarbeit (BZA) oder dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitnehmer umgangen. Das alles waren Vorbereitungen auf Hartz IV.

In einem Interview mit der Tagesschau vom 2. Juli 2004 äußerte sich der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel weniger optimistisch:

     „Das vorrangige Motiv ist vor allem, Sozialausgaben einzusparen. Wir haben die hohe Arbeitslosigkeit, wir haben hohe Kosten durch die Arbeitslosigkeit. Das vorrangige Ziel ist einfach einzusparen. Der Wirtschaftsminister hat ja selber gesagt, dass die wichtigste Herausforderung für Arbeitsplätze Wirtschaftswachstum ist. Aber von den Hartz-Gesetzen – das wissen wir sicher – gehen keine Wachstumsimpulse aus, eher sogar eine Belastung. (…) Wir haben Berechnungen, dass die Arbeitsmarktreformen am Ende sogar ca. 100.000 Arbeitsplätze kosten können.“

 Hartz IV

Mit Wirkung zum 1. Januar 2005 wurde die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe für Erwerbsfähige auf ein Niveau unterhalb der bis dahin geltenden Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II festgelegt. Das Leitmotiv sollte „Fördern und Fordern“ sein. Die Umsetzung des Leitmotivs „Fördern“ ist  zumindest für Arbeitssuchende in der SBG-II-Gesetzgebung unterrepräsentiert.

Für die BA ergab sich durch die Einführung der Hartz-IV-Gesetze ein größerer Kostenaufwand als geplant. Im Jahr 2006 wurde dann eine Gesetzesänderung diskutiert, die unter anderem die Ablehnung von zumutbarer Arbeit nicht mehr in den Ermessensspielraum des Sachbearbeiters legte, sondern verpflichtend wirkte, wie wir es heute haben.

Seither werden die Arbeitslosen ständig mit Gesetzesänderungen und Verschärfungen verunsichert und kaum einer wehrt sich mangels Kenntnis dagegen, obwohl in der Regel mindestens 40 % der Bescheide zu Gunsten der Jobcenter falsch berechnet und Sanktionen  oft willkürlich ausgesprochen werden. Das betrifft auch die so genannten „Aufstocker“. Die Mitarbeiter der Jobcenter kommen – ebenfalls zum Teil mangels Kenntnis – ihrer Aufklärungspflicht gegenüber den Betroffenen nicht nach. Enteignungen bei Beantragungen von Hartz IV sind zur Tagesordnung geworden und die Arbeitslosen, die sich im Laufe ihres Lebens ein kleines Vermögen angehäuft haben, müssen dieses zuerst fast vollständig aufbrauchen, bevor sie Geld vom Staat bekommen.

Durch die ständigen Reformen sind auch Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände gefordert. Zunächst protestierten diese gegen die Gesetze. Da aber Wohlfahrtsverbände ebenfalls als Träger von „Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigungen“ in Form von Ein-Euro-Jobs profitieren, sind diese dann schnell umgeschwenkt.

Ein Teil der Hartzgesetze wurde durch den Europäischen Gerichtshof wegen Altersdiskriminierung für nichtig erklärt. Demnach dürfen Arbeitnehmer über 52 nicht ständig nur mit befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt werden.

Bei Sanktionen von 80 % bis 100 % ist ein menschenwürdiges Leben nicht mehr möglich. Wirtschaftsexperten äußerten Kritik an zu geringen Kürzungen, weil angeblich die Menschen sich daran gewöhnt hätten, Leistungen vom Staat zu erhalten. Der immer weiter fortschreitende Sozialabbau erscheine diesen Menschen daher als Härte. Die Verbände fordern weitere Liberalisierungen des Arbeitsrechts. Seit Beginn von Hartz IV sind rund 2 Millionen Kinder in die Armut abgerutscht, weitere 15 % der 13.1 Millionen minderjährigen Kinder von Armut bedroht, Menschen verhungert und  hauptsächlich  junge Menschen, die ihre Zukunft noch vor sich haben sollten, dabei obdachlos geworden.

Ständige Lohnkürzungen, Niedriglöhne und Arbeitslosengeld II haben in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass die Binnenwirtschaft in Deutschland geschwächt wurde. Auf der anderen Seite hat sich dadurch die Abhängigkeit vom Export verstärkt. Ehemals erworbene Qualifikationen wurden entwertet, indem die Arbeitslosen Arbeiten unabhängig von ihrer Ausbildung annehmen müssen. Der Zwang zur bundesweiten Mobilität zerstört soziale Strukturen (Familie, Freundeskreise) und somit die Sicherheit, die jeder Mensch braucht.
Ein-Euro-Jobs

Diese Jobs haben in der Vergangenheit tausende von regulären Arbeitsplätzen verdrängt, wie es der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel vorausgesagt hatte. Auch in den öffentlichen Einrichtungen und Ämtern vergibt man gerne kostensparende, angeblich „gemeinnützige“ Arbeiten. Kleinere Firmen bekamen durch diese Jobs, auch wenn diese eigentlich zusätzlich sein sollten, eine so große Konkurrenz (z. B. Ein-Euro-Jobber müssen Schulen streichen), dass viele ihren Betrieb schließen mussten.

Ein extremer Niedriglohnsektor wurde damit gesellschaftsfähig. Die einzige noch bestehende Grenze ist die “Sittenwidrigkeit” der Bezahlung und die besteht erst dann, wenn die Bezahlung um mehr als 30% unter dem ortsüblichen Tarif liegt. Dieser sinkt ebenfalls von Jahr zu Jahr durch Lohnkürzungen bei den regulär Beschäftigten und dem niederen Lohn der Leiharbeiter, weil die Leiharbeit immer weiter ausgedehnt wird.

Mit Hartz IV hat sich die Bezahlung einer Ganztagsbeschäftigung  schnell geändert: die letzten Schamgrenzen, Arbeitsplätze zu Hungerlöhnen anzubieten, fielen weg und von Rot-Grün wurden die Arbeitslosen bis zum heutigen Tag in genau diese Beschäftigungsverhältnisse hineingezwungen. Die working poor, mit allen aus anderen Ländern gut bekannten Konsequenzen wie z.B. den erheblich schlechteren Bildungschancen für deren Kinder, gehören mittlerweile zur gesellschaftlichen Normalität der in Bundesrepublik.
Verteidigung des Grundgesetzes (Art. 20, 1-4 GG)

Die Ablösung der Arbeitslosenhilfe durch das Hartz-IV-Gesetz war aber nur der Anfang. Ein in den letzten Jahren immer größer werdendes Netzwerk von Bündnissen, angefangen mit den Montagsdemos, versucht, den wachsenden Sozialabbau zu stoppen und unser Grundgesetz zu verteidigen. Es gilt viele grundgesetzwidrige Gesetze des SGB II, wie Diskriminierung, Missachtung der Menschenwürde, freie Arbeitsplatzwahl, Unverletzlichkeit der Wohnung u.v.m., zu bekämpfen. Leider bis heute ohne Erfolg. Der soziale Abbau wird immer weiter vorangetrieben.

Die etablierten Parteien (SPD, Grüne, FDP, CDU und CSU) hatten schließlich in einem Vermittlungsausschuss Mitte 2003 diesen „Kompromiss“ beschlossen. Auch die damalige PDS und der DGB sind über die Bestellung eines Rechtsgutachtens zu Hartz IV nicht hinausgekommen. Wirtschaft, Regierung, Parteien und andere Organisationen, welche die Massenarbeitslosigkeit zuerst herbeiführten, blockieren den Kurswechsel in Richtung Vollbeschäftigung. Schließlich profitieren alle vom Heer der Arbeitslosen und Aufstocker, das geschaffen wurde um neoliberale Ziele durchzusetzen. Stattdessen wird von den Architekten von Hartz IV bei der Bertelsmann-Stiftung behauptet, die Arbeitslosen seien selbst schuld an ihrer menschenunwürdigen Lage.

Hartz IV ist ein flagranter Verstoß gegen das Grundgesetz. Schon im Sommer 2004 äußerten sich namhafte Juristen zur Verfassungswidrigkeit des SGB II.

Von der Achtung der menschlichen Würde (Art.1 Abs. 2 GG) kann bei Zwangsmaßnahmen und mangelnder Teilhabe am kulturellen Leben durch die Hartz-Gesetze keine Rede sein.

Hartz IV verstößt gegen den Schutz des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG), auf den die Neoliberalen so viel Wert legen, wenn es um ihr Eigentum geht.

    Erworbene Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung verfallen nach 12 Monaten, egal ob man vorher 30 Jahre in diese Versicherung eingezahlt hat oder nicht.

    Massive Enteignungen finden bei denen statt, die sich im Laufe ihres Arbeitslebens  Ersparnisse angesammelt haben. Diese müssen unter Umständen zunächst bis auf einen kleinen Teil aufgebraucht werden.

    Hausbesuche zur Kontrolle von versteckten Vermögenswerten oder anderen  Gründen  erst  recht, wenn sie unangemeldet stattfinden – sind verfassungswidrig.

    Prof. Dr. Uwe Berlit, Richter am Bundesverwaltungsgericht, sieht in den  Eingliederungsvereinbarungen“  einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Vertragsfreiheit. Nach Art. 2 GG hat jeder Bürger das Recht, frei zu entscheiden, mit wem er einen Vertrag abschließen will. Nicht so die Arbeitslosen.

Kein Mensch kann in Bedarfsgemeinschaften (Art. 3 GG, Abs.1) und damit zu  einem unfreiwilligen „für einander Einstehen und Sorgen“ gezwungen werden.

In Art. 12 GG heißt es: „(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen…(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlich allgemeinen, für alle gleichen Dienstleistungspflicht.“ (Wehrpflicht, Zivildienst, Schöffe) „(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.“ Nicht nur Prof. Berlit sieht das Zwangsarbeitsverbot  verletzt, wenn Arbeitslose unter Androhung verschärfter Sanktionen genötigt werden, „Arbeitsgelegenheiten“ wahrzunehmen, für die sie nur eine geringe Aufwandsentschädigung erhalten („1-Euro-Jobs“) oder gezwungen werden, schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen.

Wer Sanktionen verteilt bis hin zur vollständigen Streichung von Geldleistungen, auch für Unterkunft und Heizung, der verstößt gegen Art. 20 GG. Dadurch wird das „Bedarfsdeckungsprinzip“ verletzt, das aufgrund des Sozialstaatsgebots zwingend zu beachten ist.

Die so genannten „Reformen“ nicht nur der Arbeitslosen-, sondern auch der Kranken- und Rentenversicherung zielen auf die Abschaffung des Sozialstaates und unserer verfassungsmäßigen Ordnung.

Das ARD-Fernsehmagazin Monitor kritisierte am 13. August 2009, dass eine steigende Anzahl von Arbeitssuchenden nach einem schriftlichen Testverfahren als „dauerhaft geistig behindert“ eingestuft wurden, um die Betroffenen dann an eine Werkstatt für behinderte Menschen vermitteln zu können.  Eine fachärztliche Untersuchung zur Feststellung der geistigen Behinderung fand nicht statt. Die Zahl der jährlich auf Behindertenwerkstätten verwiesenen Arbeitssuchenden stieg von 22.678 im Jahr 2004 auf 27.350 im Jahr 2008, nur um wieder geschönte Statistiken zu bekommen. Die Betroffenen haben es dann sehr schwer, diesen „Makel“ wieder los zu werden.

Und heute?

Unter dem Deckmantel „Kompetenzdiagnostik“ plant derzeit die BA ein Rundumprogramm für Arbeitslose. Diese sollen Fragebögen mit 102 Fragen ausfüllen auf das damit das Verhalten am Arbeitsplatz besser beurteilt werden kann. Gespräche mit dem Sachbearbeiter der Jobcenter und Psychologen sollen geführt werden, angeblich um die eigenen Stärken besser einzuschätzen und sich besser vermarkten zu können. Das ist ein weiterer Einschnitt in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen.

In den Jahren 1933 bis 1945 sind so genannte „Gemeinschaftsunfähige“ besonders extremen Formen der Repression unterworfen worden. Diese sind im staatlichen System der Betreuung und von dessen Mitarbeitern, angeblich auf wissenschaftlich begründeten Erfordernissen praktiziert worden. Die Mitwirkung von Psychiatern führte zur eskalierenden Gewalt gegen „Verwertungsunwillige“ und „Gemeinschaftsunfähige“. Sollen diese Zeiten wieder auf uns zukommen? Dass seit Jahren die Zahl der offenen Stellen gegenüber der Zahl der Jobsuchenden sehr gering ist, sagt niemand. Die Politik will nicht zugeben, dass ihre Arbeitsmarktpolitik auf ganzer Linie versagt hat, versucht aber immer mehr durch Gesetze und menschenrechtswidrige Maßnahmen Druck auf die Jobsuchenden auszuüben. Geht nicht bereits aus der Radikalisierung bisheriger Verfahren im Umgang mit Arbeitslosen eine deutliche Richtung hervor?
Die Folgen

Arbeitslose werden immer mehr in ihrer Freiheit und Würde beschnitten und Sanktionen oft willkürlich ausgeteilt. Die Betroffenen reagieren mit großer Hilflosigkeit, Wut und Aggressionen gegen die Sachbearbeiter der Jobcenter. Das macht sich immer deutlicher bemerkbar;


    2007 stach in Kaiserslautern ein Mann auf eine schwangere Sachbearbeiterin ein.
    Ebenfalls 2007 hielt sich in Aachen eine Frau zwei Mitarbeiter als Geiseln.
    Vor gut zwei Monaten (19.05.2011) weigerte sich eine 39-jährige Obdachlose, das Jobcenter in Frankfurt zu verlassen, nachdem ihr dort niemand helfen wollte. Die Polizei wurde gerufen und wollte ihren Ausweis sehen. Die Obdachlose zog in Panik ein Messer und stach auf den Polizisten ein worauf ein Kollege die Frau erschoss. Es ging um 10 Euro.
      Am 1. August 2011 stürmte ein Arbeitsloser das Jobcenter Berlin-Marzahn mit einer Flasche voll brennbarer Flüssigkeit und wollte den Teppich in Brand setzen. Die Flammen wurden gerade noch rechtzeitig erstickt.
    In Frankfurt werden Mitarbeiter der Jobcenter bedroht und trauen sich nur noch in gegenseitigem Begleitschutz nach Feierabend zur Straßenbahn. Beschimpfungen sind an der Tagesordnung. Hausverbote werden ausgesprochen und Strafanzeigen (13mal in einem Jahr) wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und Morddrohungen gestellt.
     Auf der anderen Seite werden Schwangere, Kranke und Familien durch „Sippenhaft“ sanktioniert und Jugendliche in die Obdachlosigkeit getrieben. Anstatt für gerechte Verteilung sozialer Hilfen zu sorgen wird in diesem Bereich immer weiter gekürzt, sodass das Überleben zu einem anhaltenden Kampf mit den Ämtern geworden ist. Das alles sind Reaktionen auf die unmenschlichen Gesetze des Sozialgesetzbuches II. Beihilfen gibt es kaum noch, dafür aber immer mehr Kürzungen wenn ein Arbeitsloser nicht „spurt“. Die Mitarbeiter der Jobcenter sind angehalten, möglichst viel einzusparen. Oft sind die Sanktionierten völlig hilflos dieser Willkür von Amtswegen ausgeliefert. Ton und Umgang zwischen Arbeitslosen und Mitarbeitern der Jobcenter wurden in den letzten Jahren immer kälter. Die Mitarbeiter der Jobcenter müssen streng nach Vorgaben, die von oben kommen, ihren Job ausüben, ansonsten würden sie bald auch auf der anderen Seite ihrer heutigen Schreibtische sitzen.
Eine Studie der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung fand heraus, dass sich 70 % der Mitarbeiter in Jobcentern bedroht und unsicher fühlen und jeder 4. gab an, schon einmal Opfer eines Übergriffs geworden zu sein. Je mehr „sanktioniert“ wird, umso mehr steigt die Aggression und die Angst der Betroffenen auf beiden Seiten. Schließlich geht es hier ums nackte Überleben auf der einen Seite und den Job auf der anderen. Die Leidensfähigkeit jedes Einzelnen hat aber ihre Grenzen.